Samstag, 7. Februar 2009


Ich habe mir überlegt, dass ich eigentlich mal meine Eltern und deren Gedankenwelt vorstellen sollte. Die sind teilweise schon ganz schön verrückt....

Meine Mama ist 31 Jahre alt. Wie ich erfahren habe, ist das das Durchschnittsalter von DS-Mamas. Meine Mama hatte ganz schön konkrete Vorstellungen von mir und hat sich wirklich auf mich gefreut. Anfangs dachte sie noch, dass ich eigentlich lieber ein Mädchen hätte werden sollen, dann aber hat sie immer gedacht: "Hauptsache gesund". Für meine Mama war es bisher das Schlimmste, was einem passieren kann, ein behindertes Kind zu haben. Das hat sie immer total abgelehnt.

Ich hab mich in ihrem Bauch recht wohl gefühlt, deshalb war die Schwangerschaft für sie richtig toll. Außer dass sie einen dicken Bauch hatte, war ansonsten gar nichts. Auch der Arzt war sehr zufrieden mit mir, weshalb man keine Extra-Untersuchungen hat machen lassen. Dann hab ich mich entschlossen, ein bißchen - genauer gesagt 4 Wochen- früher auf die Welt zu kommen. Das hab ich nur wegen Papa getan, weil der nämlich seine weiterführende Ausbildung ab Oktober begonnen hat. Also kam ich für meine Eltern sehr überraschend am 10.09.2008 auf die Welt. Ich war schon sehr groß (50 cm) und sehr schwer (3040 gramm), dafür dass ich noch gar nicht so richtig "fertig" war....

Meine Eltern und insbesondere meine Mama haben sich aber nicht wirklich so richtig gefreut, als ich da ganz nackig auf ihrem Bauch lag. Meine Mama war total fertig mit den Nerven, dass ich wohl ihre Erwartungen so gar nicht erfüllen werde - sie hat sich ein Kind vorgestellt, dass hübsch ist, clever (aufs Gymnasium geht, studiert und Karriere macht) und ganz bestimmt mal das Leben locker meistert und die Herzen aller Mädels erobert. Irgendwie passe ich ihr da wohl nicht ins Bild. Aber was soll an mir denn so schlecht sein? Ich finde mich eigentlich ganz knuddelig und clever werde ich bestimmt auch. Das wissen meine Eltern nur noch nicht...
Meine Mama ist immer noch nicht so richtig glücklich mit mir, dabei strenge ich mich wirklich an, ihr alles recht zu machen. Ich bin total gesund, schlafe nachts durch und trinke ganz fleißig an ihrer Brust. Aber dauernd denkt sie an die Zukunft und was ich alles mal nicht können werde. Mannomann...... sie kann ja auch nicht segeln, Hockey spielen oder Chinesisch sprechen!

Mein Papa ist da irgendwie cooler. Der findet mich richtig klasse und könnte mich die ganze Zeit knuddeln. Vielleicht liegts einfach daran, dass er mich nicht so oft sieht und sich dann viel mehr freut.

Achja, das was ich haben soll, nennt man übrigens Trisomie 21 oder Down-Syndrom. Und ich habe mir gedacht, dass das alles noch viel zu langweilig ist. Deshalb hab ich mir überlegt, dass ich mich für die seltenere Robertson´sche Translokation 21;21 entscheide. Die hat übrigens mein Kumpel aus Österreich (Prince Vince) auch - den kennt ja jeder. Und auf seinem Blog ist auch ganz genau beschrieben, was das ist. Meine Eltern sind zum Glück keine Träger einer balancierten Translokation, das heißt, dass sie sich ruhig für ein Geschwisterchen für mich bemühen könnten.

5 Kommentare:

  1. Hallo mein Schatz,
    Oma schickt dir ganz liebe Grüsse aus der Kur.Ich bin grad in Freiburg in einem Internetcafe.Freu mich schon wenn ich dich wieder knuddeln kann,du fehlst mir ganz arg.
    Liebe Grüsse an Mama und Papa und ein dickes Bussi für dich

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  2. Liebe Mama Bettina,

    da muss ich Deinem Sohn aber recht geben: Du sprichst nämlich wahrscheinlich auch nicht mal japanisch ;-)und wer weiß, was Benjamin ohne Zusatzchromosom alles angestellt hätte in seinem späteren Leben...
    Den Gedanken mit den garantierten Wunschkindern, die sich nach den Vorstellungen der Eltern entwickeln, muss man glaube ich sowieso spätestens bei der Geburt abgeben...

    Ich kann von mir nur sagen, dass jeder Tag, an dem ich nach der Geburt über das Extra C von Felix traurig war (und das war bei uns wirklich nur ein ganz kurzer Zeitraum) ein verlorener Tag ist und war. Und dass diese Tage in keinem Verhältnis dazu stehen, wieviel Freude, Liebe, Glück und Sinn dieser kleine Knabe bereits in unser Leben gebracht hat.
    Ich wünsche Dir, dass Du das auch ganz schnell erkennen und annehmen kannst - ich bin mir aber sicher, Benjamin wird Dir dabei helfen, das ist eine "angeborene Spezialität" von ihm! Du musst nur genau hinsehen. Ich glaube ohnehin, dass Du schon auf dem besten Weg bist. Ganz toll finde ich, daß Du so offen und ehrlich über Deine Gefühle schreibst, das bereinigt und klärt viel. Das war bei uns sicher der "Turbo-Boost" - wir haben alles (Sorgen, Ängste, Empfindungen,...)offen ausgesprochen und tun das noch immer.

    Liebe Grüße - genieße die Gegenwart und hab viel Vertauen in die Zukunft,
    Maria

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  3. Liebe Bettina,

    ich finde es super, wie offen du mit deinen Gefühlen umgehst. Ich hatte auch nach der Geburt Ängste und konnte mir nicht so recht vorstellen, wie das Leben mit einem behinderten Kind aussehen kann. Aber im Grunde sind es wirklich die Erwartungen, die man hat und die vielleicht nicht so erfüllt werden. Aber wer weiss das schon?? Patrick wird im März 4 Jahre alt und bis jetzt hat er jegliche Erwartungen übertroffen. Wir sind sogar vor 2 Jahren in die USA gezogen. Obwohl viele uns für verrückt erklärt haben. Patrick geht seit 1,5 Jahren in einen integrativen Kindergarten. Die Kinder lieben ihn und er verständigt sich mit Zeichensprache. Er wird zu jedem Kindergeburtstag eingeladen. Die Freunde unserer Tochter haben keinerlei Berührungsängste, ganz im Gegenteil. Zu sehen, wie unkompliziert Kinder mit Patrick umgehen, hilft mir die Angst vor der Zukunft ein wenig mehr abzubauen. Wir brauchen einfach mehr Akzeptanz und Integration. Mein Motto war und ist: Nach vorne schauen und nicht hinter dem Berg halten. Wir glauben ganz fest an Patrick, er wird sein Leben schon meistern. Und so wird es euer Benni auch tun.

    Liebe Grüße aus den USA

    Kerstin

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  4. Ihr seht so super-symphatisch aus und ich hoffe, ihr werdet bei (zulünftigen) kleinen Macken eures Sohnes nie denken müssen, dass es am Extra-C liegt. Ich kenne sooo viele Eltern, deren "ganz normale" Kinder viele, viele, viele Probleme und Sorgen bereiten, von Mutter-Depression fördernder Hyperaktivität über verbrannte Kopfhaut durch umgekippte Teetasse, Koma durch Schwimmbadbesuch, gruseligste Pubertätsallüren, Drogenkonsum mit Oma-Beklauen und so vieles mehr, dass ich mich oft frage, ob das Extra-C nicht sogar vor vielen solchen Sorgen schützt??? Es ist wirklich an der Zeit, diese Trisomie mal von der ganz positiven Seite zu nehmen!
    Einer unserer Söhne hatte keine Speiseröhre, als er geboren wurde und wir haben einige schwere Jahre durchgemacht. Bald wird er 16 Jahre und wir lachen über unsere damaligen Sorgen.

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  5. Hallo Eliane,

    du hast natürlich recht, dass "normale" Kinder den Eltern ganz schön viel Sorgen bereiten können. Aber irgendwie denkt man ja während der Schwangerschaft oder nach der Geburt, dass man ein richtig "tolles" Wunderkind bekommt, das keine Probleme machen wird. Wahrscheinlich vollkommene Utopie. Ich habs zumindest gedacht :-)

    Benjamin hat bisher zumindest viel Spaß am Leben und strahlt laut vielen Aussagen eine große innere Zufriedenheit aus. Das ist doch was!

    Und es ist schön zu hören, dass ihr über eure damaligen Sorgen lacht. Ich hoffe, das können wir auch mal. Wenn der Knirps so weitermacht, klappts bestimmt :-)

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